Ich wünsche dir, dass dir zeitlebens all die Türen offen stehen, die du öffnen möchtest. Und dass die Kommentare leiser werden und irgendwann verstummen, wie Mädchen sein sollten. Oder wie nicht. Dass du immer wild und frech sein kannst wie deine Brüder auch. Und dass du ebenso still und zurückhaltend sein darfst, wenn dir das besser behagt. Dass dich dieses Verhalten aber nicht zu einem „braven, guten Mädchen“ macht, sondern zu einem wundervollen facettenreichen Menschen.

Ich wünsche dir, dass du deine Kinder in einer Welt aufwachsen sehen kannst ohne Umweltkatastrophen. Dass all die Menschen, die es nicht mehr betrifft, jetzt für euch einstehen. So wie ihr es in jüngster Zeit auch für sie getan habt. Ich wünsche dir, dass kluge engagierte Mädchen, die sich mit Herz und Verstand für unsere Erde einsetzen, nicht mehr belächelt oder gar beschimpft werden.

Ich wünsche dir, dass wir deine erste Periode feiern und dass jeder schmerzhafte Krampf, der dich bis zur letzten Menstruation deines Lebens begleitet, auf einem gemütlichen Sofa gelitten werden darf. Dass auch dein männliches Umfeld eine rücksichtsvolle und demütige Haltung einnimmt und respektiert, wie elend frau sich fühlen kann einmal im Monat. Ich wünsche dir, dass du keinen finanziellen Nachteil mehr hast, weil du dir Binden und Tampons kaufen musst.

Ich wünsche dir, dass die Nebenwirkungen der Pille genau so auseinander genommen werden wie der querdenkendste Quentin dies bei der Corona-Impfung macht. Oder die Gesellschaft bei der Pille für den Mann, die – große Überraschung – aufgrund aller Risiken und Nebenwirkungen niemals zugelassen wurde. Dass es Möglichkeiten der Verhütung gibt, die dir nicht gesundheitlich schaden.

Ich wünsche dir, dass es mehr Zulassungsverfahren für Autos gibt, die einen Test an einem weiblichen Crashtest-Dummy vorgeben, denn Frauen sind nicht nur einfach kleinere Männer. Mit dem Durchschnitts-Dummy von 1,75 Metern Körperlänge und rund 78 Kilogramm Gewicht, werden Autos auch heute noch für Männer gebaut. Aufgrund der männlich orientierten Ergonomie und Sicherheitstechnik, sind die Verletzungen von Frauen oft schwerer und sie sterben auch häufiger in Verkehrsunfällen. Das darf nicht sein!

Ich wünsche dir, dass es keine medizinische Benachteiligung mehr gibt. Dass Frauen in der klinischen Forschung nicht mehr unterrepräsentiert sind und dass dies nicht nur quantitativ gelöst wird. Denn Medikamente wirken bei Frauen anders aufgrund Unterschiede im Herz-Kreislauf-System, Stoffwechsel, Körperzusammensetzung oder Immunsystem. Dürfte klar sein.

Ich wünsche dir, dass du mit einer Person zusammen leben kannst, die du liebst. Egal welche Hautfarbe oder welches Geschlecht dieser Lieblingsmensch hat. Dass dies außerdem auch für Großtante Isolde normal ist. Und für deren Nachbarn.

Ich wünsche dir, dass die Gesellschaft dich feiert nach der Geburt deiner Kinder. Dass du liebevoll gehalten wirst in deiner für dich völlig neuen Identität. Dass deine Wunden ernst genommen werden und von allen Seiten respektvoll mit diesem Potpourri an Gefühlen umgegangen wird.

Ich wünsche dir, dass die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie in Zukunft kein Frauenproblem mehr ist. Dass es kein Entweder-Oder mehr gibt. Entweder ein Job, für den du brennst oder Kinder. Ich wünsche dir eine Gesellschaft, die verstanden hat, dass es nur gemeinschaftlich gelöst werden kann. Dass du nicht schlechter bezahlt wirst als dein männlicher Kollege. Ja, auch dann, wenn du „nur“ halbtags erwerbstätig bist und dich die übrige Zeit um so Gedöns (war das nicht der Wortlaut eines früheren BundeskanzlERs?!) wie die Zukunft unserer Gesellschaft kümmerst.

Ich wünsche dir, dass dein*e Partner*in dir nicht im Haushalt hilft, sondern es von Grund auf als Gemeinschaftsprojekt verstanden wird. Immer individuell zu vereinbaren, je nachdem wer am Tag mehr Stunden außer Haus arbeitet.

Ich wünsche dir, dass Mutterschaft nicht mehr mit Heldentum verglichen wird. Denn ja, Mütter schaffen alles. Job, Familie und noch so vieles mehr. Mental geladen zerbrechen sie dann oft stumm an dieser Last. Und selbst dann sind sie noch für so viele kleine und große Menschen da und vergessen sich selbst.

Ich wünsche dir, dass keiner mehr Pippi sein muss, um sich in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen oder um Konzerne zu leiten. Dass du Annika sein darfst, wann immer du das möchtest und dass die Menschen um dich herum, all diese wundervollen, ja, vielleicht auch weiblichen Werte zu schätzen wissen. Werte, die so viele Männer ebenfalls innehaben und endlich zeigen dürfen ohne belächelt zu werden.

Ich wünsche dir, dass du den Mut und die Kraft hast, stets daran zu erinnern, dass all dies selbstverständlich werden muss. Und ich wünsche dir Eltern, die so lange weiter für dich kämpfen bis all dies Normalität ist.

In Liebe,