Ich kenne Sie nun seit gut sieben Jahren. Die Ehre hatte ich bereits in der Schwangerschaft mit Kind 1. Noch bevor mir der Arzt meines Vertrauens die Existenz meines kleinen Zellklumpens überhaupt erstmalig bestätigen konnte, machte ich schon folgenschwere Fehler.

Ich war eine 30-jährige Erstschwangere mit einer leicht pathologischen Neigung zum Googeln. Was soll ich sagen, mir war bislang nicht bewusst, wie viel in Sachen Schwangerschaft von Grund auf falsch gemacht werden konnte. Schnuffelbärli_17+6 SSW meinte sogar, dass eine Frau, die in der Schwangerschaft Salami äße, eine egoistische Schlampe sei. Ich weiß noch, wie ich erschrocken mein Notebook zuklappte und auf mein Knoblauchsalamibaguette vor mir starrte.

Mit der Abnabelung nach der Geburt geht es dann so richtig los. Heidewitzka. Wo nehmen Sie, sehr geehrte Müttermafia, denn stets all diese Fettnäpfchen her, die Sie dann arglistig vor den neugeborenen Mamis aufstellen?

Schnell merkte ich – das Leben mit Baby war kein verdammter Ponyhof. Ich fühlte mich immer ein bisschen wie früher bei den Bundesjugendspielen. Verschwitzt abliefern unter Argusaugen und doch nie gut genug für die Ehrenurkunde. Liebe neugeborene Eltern, wenn Sie jemals ein Bauchgefühl hatten für das, was richtig und gut sein könnte für Ihr Baby, dann sollten Sie das jetzt schleunigst loswerden. Es ist nur zu Ihrem Besten.

Und auch von Ihrem Kind wird ab sofort einiges abverlangert. Ich erinnere mich noch an die regelmäßigen Newsletter meiner Krankenkasse. „Bestimmt kann Ihr Kind jetzt schon krabbeln, laufen, chinesisch sprechen, mit drei Bällen rückwärts jonglieren…“. Liebe Eltern, sollte es dies nicht können, möchte ich Ihnen an dieser Stelle wärmstens empfehlen, den verzögerten Zögling zu fördern. Verlieren Sie keine Zeit. Helfen Sie mit, das Kind zu einem Leistungsträger unserer Gesellschaft zu machen. Möglich wäre das zum Beispiel dank Feng Shui unterstützten Nachmittags-Krabbeltrainings. Vielleicht liest ein kleiner Teilnehmer ja auch noch aus seinem Tagebuch vor.

Und Sie, verehrte Müttermafia taten Ihr übriges. Indem Sie Ihren wundervollen Nachwuchs mit stolzer Brust ungefragt neben meine Kinder legten. Setzten. Zur Schau stellten. „Schau mal, jetzt krabbelt mein Schnuffelpups gleich los. Mei, wie niedlich. Aaach, deiner krabbelt noch gar nicht?! Du, das ist doch gaaar nicht schlimm. Jeder zu seiner Zeit. Mei, schau, wie sich mein Claus-Kevin jetzt hochzieht!“

Aber jetzt sag ich Ihnen mal eins! Das ist mir mittlerweile so furzkackegal, wie es mein Sohn nennen würde. Ja, es gab Zeiten, da habe ich den gekauften Babybrei in schicke Thermobecher gefüllt. „Na, mein Schätzelein, da hat die Mami aber wieder lecker gekocht, was?“. Und ja, ich habe mitgemacht bei Ihrem Kindervergleich, habe von guten Nächten erzählt, meine Wohnung vor Ihrem Besuch klinisch gereinigt und über Kuchenrezepte gefachsimpelt.

Mein persönliches Glück war, dass ich wieder schwanger wurde. Einmal. Dann noch einmal. Mit drei Kindern geht auch die ambitionierteste Mutterinitiative flöten. Und das ist gut so!

Und pah – hätte ich eine entsprechende Trage besessen, ich hätte mein Baby nach vorne schauen lassen! Aber sowas von. Heute lebe ich manchmal ungesünder, meistens dreckiger (nein, leider nicht das dreckig), viel chaotischer, aber um Welten glücklicher. Also verschonen Sie mich bitte weiterhin mit Ihren mafiösen Machenschaften.