Ich bin in der Regel wenig esoterisch unterwegs. Aber Fakt ist, ich habe schon ein paar Tage vor dem positiven Schwangerschaftstest von Kind Nummer 1 geträumt. Okay, im Traum war es eine kleine orangefarbene Krabbe, die sich da in meinen Bauch geschwommen hat. Aber so im Nachhinein betrachtet, waren die ersten Live-Bilder beim Ultraschall einem kleinen Flusskrebs nicht ganz unähnlich.

An meinem 30. Geburtstag habe ich dann letztendlich positiv getestet. Ich habe den frühesten Morgenurin abgepasst und konnte zunächst vor Müdigkeit kaum die Augen offen halten. Das änderte sich allerdings schlagartig mit diesem dünnen zarten Schatten. War das jetzt ein Strich oder nicht? Verdammt! Der Mann pennte noch. Irgendetwas in mir sagte: Lass ihn schlafen, ich will jetzt erst mal selber klarkommen.

Ein Kind war definitiv gewünscht, aber noch nicht wirklich geplant. Mit diesem positiven Test schien die ganze Hormonwelle schlagartig über mich überzuschwappen.

Schwanger. Echt jetzt? Ich hatte wirklich sehr ambivalente Gefühle hierbei. Irgendwie freute ich mich direkt. Insgeheim wünschte ich mir doch so ein kleines süßes niedliches Baby. Schlagartig bekam ich aber Panik. Was habe ich getan? Plötzlich lief mein Leben wie ein Film an mir vorbei. Ich lasziv tanzend auf einer Party, zehn Männer um mich herum, die mich gierig angafften. In der einen Hand ein Bierchen. Mit einer Kippe in der anderen lässig Rauchkringel in die Luft pustend. Das sollte jetzt alles vorbei sein? Ernsthaft? Nahm mein vergnügtes freies Leben nun ein jähes Ende? Mit diesem einen kleinen Ministrich?

Um diese eher dramatische Vorstellung etwas abzumildern, muss ich fairerweise gestehen, dass ich zu dem Zeitpunkt schon seit gefühlten hundert Jahren auf keiner angesagten Party mehr eingeladen war. Getanzt habe ich in der Regel ausschließlich mit meinem kleinen Zeh. Und bis auf wenige Ausnahmen, die es einfach erforderten, war ich Nichtraucher.

Wir sind also schwanger. Wir? Der Mann war beim späteren Outing genauso überwältigt, hat sich aber recht schnell wieder gefangen. Dass er sich von Herzen zu freuen schien, machte ihn mir in Millisekunden zum sexiest man alive. Kurzzeitig stand die Welt still. Um sich dann wenig später wieder zu drehen. Also für den Mann. Der lebte einfach normal weiter. Unvorstellbar. Gut, ich holte auch relativ schnell wieder Luft, aber hey, ich war schwanger. Schwangerrrrr. Schwangeeeeer. Egal, wie man es aussprach, drehte und wendete, es war einfach nur krass! Heimlich vor dem Spiegel posierte ich schon mit meinem Sechste-Schwangerschaftswoche-Blähbauch.

Im Nachhinein betrachtet bin ich froh, dass ich dennoch die ganz normale Einstellung einer Erstgebärenden in spe hatte. Ein bisschen dicker werden, Finale und dann im Handumdrehen eine tolle Mama für ein noch tolleres Kind sein. Haben doch schon Milliarden Frauen vor mir geschafft. Da schaffe ich das doch mit links.

Lülülülüüü…

Willkommen im Leben.

Glücklicherweise hat man aber ja neun Monate Zeit, sich auf alles vorzubereiten. Und ich machte das, was vermutlich fast alle tun. Ich heulte, ich lachte, ich bockte, ich hatte Schiss und ich freute mich.

Hopfen nahm ich fortan nicht mehr als kohlensäurehaltiges Kalt- sondern nur noch als heißes Aufgussgetränk zu mir. Ich heulte bei jeder Merci-Werbung und widmete mich indessen mit einem Höchstmaß an Professionalität der Ausstattung des Kinderzimmers sowie der Recherche des adäquaten Fuhrparks. Insbesondere letzteres schien wirklich viel Entscheidungsspielraum zu bieten. Mit oder ohne Schwenkbügel, drei- oder vierrädrig, mit oder ohne Maxi Cosi Adapter, 5-Punkt- oder Hosenträgergurt, mit eingetrockneten Brezestücken des Vorgängers oder neu vom Babyausstatter unseres Vertrauens. Das war hier die Frage. Und als ich mich endlich schweißgebadet für ein Modell entschieden hatte, dann wurden in dessen Griffen aber mit Sicherheit laut Öko Test extrem kritische Weichmacher und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe gefunden. Dank des neuen Stiftung Warentest Abos (Mütter brauchten das ja) wusste ich jetzt auch, dass es sich hierbei nicht um Fruchtaromen für den Trinkwassersprudler handelte.

Mein Mann meinte, er müsse halt fahren. Danke für diesen so konstruktiven Einwand, Mann!

Aufgrund dieser verfahrenen Situation mokierte ich mich zunächst spöttisch über diese Übervorsichtigkeit der heutigen Mütter, um dann im Anschluss selbst stolz einen absolut Öko-Test approvten Kinderwagen mit TÜV Siegel nach Hause zu schieben. Den Sonnenschirm UV 250 auch mit im Gepäck. Danke, liebe ehrgzeizige Verkäuferin. Wir haben ihn in etwa… nie benutzt!
Im Nachhinein frage ich mich, wie ich in diesem alten schäbbigen Wagen groß werden konnte, wo schon meine zwei Brüder eingesabbert, gespuckt und gepieselt hatten.

Mal wieder machte ich alles einfach so verdammt richtig. Ich ging regelmäßig zum Ultraschall und mein Frauenarzt wurde nach Bekanntwerden der Schwangerschaft der wichtigste Mann in meinem Leben. Zumindest für die nächsten Monate. Ein Glück, dass ich seine Privatnummer nicht hatte. Also für ihn. So musste ich mich halt fortan regelmäßig in einschlägigen Foren informieren, ob noch alles in Ordnung war mit dem Baby.

Beim Arzt des Vertrauens erhielt ich im übrigen nicht nur die Gewissheit, dass das Herz noch pochte und da drin wirklich ein Mensch wächst. Ich konnte auch in regelmäßigen Abständen mein Selbstwertgefühl pushen. Ziemlich arm, ich weiß, aber nie wieder bekommt frau so eine ernstgemeinte Aufmerksamkeit wie in der Schwangerschaft. Für einen Hypochonder wie mich der Himmel auf Erden.

Ab sofort zwang ich mich sogar, in der U-Bahn freundlich alle anderen Kinder anzulächeln. Mit einem dicken Bauch wäre ich mir auch irgendwie doof vorgekommen, die kleinen Bälger weiterhin mit bösen Blicken zu strafen für ihr absolut indiskutables Verhalten (Schreien oder sonstiges Lärmen). Mein schwangeres Ich machte mich sozusagen über Nacht zu einem besseren Menschen.

Liebe Schwangere, insbesondere Erstschwangere. Genießen Sie diese außergewöhnliche Zeit. Sie wird nicht wiederkommen. Was mich manchmal sogar ein wenig traurig oder zumindest sentimental stimmt.

Diese Magie der ersten Geburtsvorbereitung. Vermutlich werden Sie später nie wieder auch nur über Damm-Massagen nachdenken. Aber das ist auch ok so.

Ach ja, kaufen Sie kurz vor dem errechneten Termin möglichst viel auf Vorrat. Das ist in Ordnung. Bei mir waren es Tesa-Rollen. Auch mehr als sieben Jahre später kann ich noch davon zehren. Nicht auszudenken, wenn mir im Wochenbett die Klebefilmrollen ausgegangen wären! Waschen Sie in regelmäßigen Abständen die erste Garderobe Ihres Zöglings. Dieser fieße Flugstaub setzt sich innerhalb weniger Tage ganz ohne Ihr Zutun auf die Kleidung und kontaminiert sie komplett. Bestenfalls liegen zwischen letzter Waschung und Geburtstermin nur wenige Stunden.

Aber ich möchte Ihnen natürlich jetzt keinen Druck machen. 😉

Ach…. ich persönlich wünsche mir manchmal diesen Zauber der ersten Schwangerschaft zurück. Wobei ich zugeben muss, dass ich auch das Glück hatte, neun Monate recht entspannt vor mich hinbrüten zu dürfen. Wenn ich meinem früheren Ich einen Tipp geben dürfte, dann ganz klar diesen hier:

Locker machen und genießen! Und sollte das mal nicht funktionieren, sehen und fühlen Sie sich bitte ungeniert als Nabel der Welt!