
Zu allererst: Sie machen einen guten Job. Vorallem bei unserem Dritten im Bunde durfte ich das im Krankenhaus wochenlang miterleben. Doch eines bedenken manche von Ihnen nicht. Zu diesen kleinen Babys gehören auch diese völlig verzeifelten, übermüdeten und kraftlosen Eltern.
Zwar reif, aber dennoch viel zu klein geboren, musste unser Nesthäkchen noch einige Zeit in der Klinik verbringen. Zu Beginn auch direkt zwei Wochen auf der Intensivstation. Ich war zunächst erschlagen von der Routine und der zeitlichen Taktung jeglicher Behandlung dort. Eine Routine, die vielen Babys mit Sicherheit täglich das Leben rettet. Denn da gab es zahlreiche Minis, die mit weitaus mehr kämpften als nur mit ein paar lächerlichen Gramm zu wenig.
Auch mein Verstand schaltete sich ein und ließ Milde walten über den einen oder anderen Kommentar mancher Intensivschwester. Sie tun ihren Job so gut wie möglich, schieben zum Teil krasse Schichten, leiden permanent unter Personalmangel. Alles Dinge, für die keine Schwester, kein Pfleger etwas kann. Aber bitte liebe Leute, beachten Sie doch auch, was für Menschen da diese Neo-Intensiv betreten. Zum ersten Mal war ich dort ca. eineinhalb Stunden post partum. Und ab da praktisch durchgehend. So gut und so oft es mein Leben mit den zwei Großen daheim zuließ. Und ja, jedem sei ein schlechter Tag gegönnt. Jeder hat auch seine Päckchen daheim zu tragen. Dafür habe ich vollstes Verständnis. Was würde ich tun, wenn ein Mitarbeiter des Kreisverwaltungsreferats mir – auf die nicht unbedingt sensibelste Art und Weise – zu verstehen gäbe, dass mein mitgebrachtes Passbild nicht den biometrischen Anforderungen entspräche? Ich wäre vermutlich genervt, würde meinen Kram wieder einpacken, nach Hause gehen, ein neues Bild machen und fertig.
Wenn eine neugeborene Mutter aber vor so einem kleinen Bettchen steht mit einem noch kleineren neugeborenen Kind darin. Ein Kind, das bis eben noch ein Teil dieser Mutter war. Und sie eine der Schwestern hoffnungsvoll fragt, ob es denn absehbar wäre, wann dieses kleine Paket mit nach Hause dürfte…. Ja, und wenn dann auf diese sorgenvolle, höfliche Frage folgende genervte Antwort kommt:
Seien Sie froh, dass er hier bei uns ist. Er gedeiht einfach nicht gut und ist in Ihrem Bauch praktisch verhungert.
Tja, dann packe ich nicht meinen Kram zusammen, bin genervt und fahre nach Hause. Sondern ich bleibe und breche stumm in Tränen aus. Aus Wut. Aus Hilflosigkeit. Aus Hass. Aus Selbstvorwürfen. Aus Stolz.
Liebe Intensivschwestern, liebe Pfleger, Sie machen einen guten Job. Aber seien Sie sich an jedem Tag den Auswirkungen Ihrer Worte bewusst. Den Spuren, die sie hinterlassen. Und seien die Kommentare noch so leise, die Blicke noch so kurz. Die Ärzte sind es vielleicht, die auf den ersten Blick Leben retten, Diagnosen stellen und die passenden Lösungen parat haben. Sie als Schwestern und Pfleger sind es aber, die Ansprechpartner für die Eltern sind. Abgesehen von den zweieinhalb Minuten täglicher Visite der Chef, Ober- und weiß der Geier was für Ärzte. Unterschätzen Sie diese Verantwortung nicht. Sie können nachhaltig tief verletzen. Aber Sie können auch heilen.

P.S.: Und er ist nicht im Bauch verhungert. Selten so einen blöden Kommentar gehört. Pfffffffff.
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