Kürzlich habe ich hier einen Beitrag über den Mental Load bei Müttern veröffentlicht. Keiner meiner Artikel hat bisher so viel Aufmerksamkeit erregt wie dieser. Ich habe wirklich viele Nachrichten bekommen von Frauen und sogar auch von einigen Männern. Es scheint also ein ziemlich brisantes Thema zu sein. Daher gibt es hier eine Fortsetzung für Sie, liebe Mütter, aber im speziellen auch für Ihre männlichen Mitbewohner. In Zukunft müssen Sie Ihren Männern meinen Artikel also nicht mehr heimlich unter den Fußball- oder Börsenbericht jubeln, den diese dann auch vorgeben, konzentriert zu lesen (Stereotype, juhu!). Denn hier gibt es etwas in abgespeckter und strukturierter Form.

Natürlich ist es – wie immer – mal wieder ein emotionaler Querschnitt aus meinem Leben. Vielleicht dann und wann aber auch aus Ihrem.
Solange die Kinder klein sind, arbeite ich in Teilzeit, der Mann ganztags. Das ist selbst gewählt und für beide derzeit das optimale Modell. Es ist völlig in Ordnung für mich, dass – solange die Kinder klein sind – ich als Voll- oder Teilzeitmutter mehr Jobs im Haushalt übernehme. Weil ich auch schlichtweg mehr zu Hause bin. Darüber müssen wir gar nicht diskutieren. Und es geht mir auch nicht um die elfundneunzig messbaren To-dos. Mit meinen drei Kindern habe ich mir da mittlerweile eine gewisse Arroganz zugelegt und feiere mich selbst täglich als Heldin des Alltags. Es geht mir vielmehr um die mentale Last. Das Unsichtbare. Das, was sich in unseren Köpfen abspielt. Aber eben auch das, was keiner sieht, wenn wir nicht darüber sprechen. Und was soll ich sagen, ohne Publikum ist es einfach nur halb so schön, sich selbst zu feiern.

Also, liebe Väter…

Sie sind toll! Was täten wir ohne Sie. Und das schreibe ich ganz ohne Ironie, was wirklich selten vorkommt. Es ist schön, dass Sie im Notfall ganz selbstverständlich Ihre Meetings absagen, um mit einem fiebernden Baby zum Arzt zu gehen. Dass Sie genau wissen, wie die filigrane Monsterfalle abends vor dem Kinderzimmer aufzubauen ist. Dass Sie den Titelsong von Bibi und Tina auswendig trällern können (das ist im übrigen echt lustig). Dass Sie Urlaub… äh Elternzeit nehmen. Dass Sie am Feierabend auch mal kochen oder am Wochenende gemeinsam mit uns putzen, staubwischen etc. Und ja: Wir wissen auch um Ihre Doppelbelastung mit Job und Familienwahnsinn. Ein Vollzeitjob mit ein bis vielen Kindern daheim… Chapeau! Trotzallem kenne ich nicht wenige Mütter, die schon lange nur noch auf Reserve fahren. Wo die Alarmleuchte oft schon Monate, manchmal Jahre brennt. Während die Väter immer halb kaputt sind. Aber irgendwie eben auch immer halb ganz.
Das geht eine ganze Weile lang gut bei Ihren Frauen. Manchmal reicht aber dann schon ein falsches Wort, eine Umarmung zur falschen Zeit oder ein Männerschnupfen. Gelegentlich auch nur die gutgemeinte, aber Konsequenzen fordernde Wäscheladung, die Sie abends mal noch schnell in die Maschine werfen.
Und Sie finden uns am Boden, mit dem Rücken zur Wand…
Daher kommt hier: Mental Load, die Zweite:


Handlungsempfehlungen für den Mann einer mental-beladenen (belasteten) Frau:


  1. Sagen Sie bitte niemals: „Mach dir doch nicht so einen Stress mit dem Putzen, Wäsche waschen/zusammenlegen, Saugen, bliblablubb. Das kann doch warten.“ Denn: Nein, das kann es unter Umständen nicht. Während Sie morgen wieder in aller Frühe das Haus verlassen, wird Ihre Frau in manchen Lebensphasen nämlich bedeutend mehr Zeit hier verbringen. Und auch die mühsam erlernte Coolness im Hinblick auf dreckige Fenster, Wollmäuse und verschmierte Waschbecken wird die Aufgaben leider nicht erledigen. Erfahrungsgemäß wird Dreck von Tag zu Tag mehr und Wäscheberge immer höher. Was bedeutet: noch mehr Arbeit. Also nein, es kann manchmal gerade nicht warten.

  2. Natürlich ist es nicht schlimm, wenn Sie die abendliche Bettvorbereitungs-Schicht haben und die Fußnägel der Kinder heute nicht geschnitten werden – obwohl eigentlich nötig. Das muss doch nicht auf die mentale To-do-Liste. Denken Sie. So eine Kleinigkeit. Hhm, okay. Und was ist morgen? Und übermorgen? Und überübermorgen? Möglicherweise sind Sie schlichtweg fuß- und fingernagellängenblind wie viele Väter. Das ist nicht schlimm. Sagen Sie einfach: „Danke Lisa/Claudia/Rosalinde/wieauchimmer. So gut, dass du immer den Überblick behältst. Wenn ich allein übernehmen müsste, könnten wir vermutlich ständig neue Schuhe kaufen gehen aufgrund entstehender Löcher im Zehenbereich. Oder wir müssten den Klassenkameraden Schadensersatz für schwere Schnittverletzungen im Sportunterricht zahlen.“
    SIE denkt dann: „Wie schön, er sieht mich und die Notwendigkeit der Aufgabe. Auch wenn es nur eine kleine Aufgabe ist. Es ist ok, wenn ich sie öfter übernehme. Aber es ist wichtig, dass sie nicht weggegrinst wird. Denn es ist und bleibt ein To-do. Auch das Erinnern daran.“

  3. Abends auf der Couch. Ihre Frau hängt an ihrem Handy und flucht lautstark. Der ‚Vater reloaded‘ könnte dann sagen: „Ach herrje, schreibt der Elternbeirat wieder? Weißt du was, gib mir doch mal die Mailadresse des Versenders. Ich lasse mich auch auf den Verteiler setzen. Ich übernehme Kindergarten, du Krippe, wir beide zusammen Schule, was hältst du davon?“
    HA-LLE-LUJAH!!

  4. Sagen Sie: „Schau mal, ich habe hier ein Fach für mich angelegt auf der Kommode. Bitte leg da die Dinge rein, die ich übernehmen kann und soll. Ich checke das regelmäßig und kümmere mich darum. Wenn ich was nicht raffe, komme ich nochmal auf dich zu. Ansonsten kannst du davon ausgehen, dass es läuft.“
    Gratulation! Ich verspreche Ihnen, Sie werden in Ihrem Haus zum Man of the Year ernannt! Das ersetzt 20 Blumensträuße, zehn Candle Light Dinner, 398 Mal Popowischen beim Jüngsten und ein Stern auf dem Walk of Fame. Mindestens.

  5. Daraus folgt dann beispielsweise: „Leg mir doch einfach den Rückgabe-Zettel der Bücherei immer direkt dort rein. Ich achte darauf, wann wir die CDs und Bücher zurückbringen müssen. Werde es einen Tag vorher bei den Kindern ankündigen und dann zwei Stunden lang das obligatorisch verschwundene Buch mit ihnen suchen sowie die obligatorisch kaputte CD-Hülle (die keiner kaputt gemacht hat) kleben – versprochen! Ich kann die Sachen dann eigentlich auch direkt immer auf dem Heimweg abgeben. Du leihst aus, ich bringe zurück. Deal?“ DEAL!!

  6. Auch immer wieder gern gehört: „Danke, dass du neben deiner Arbeit auch noch den Haushalt so gut wuppst. Weißt du was, ich bin in Zukunft der Badbeauftragte. Ich weiß, wir haben da zum Teil andere Maßstäbe. Sag mir, auf was ich besonders achten soll. Ich erledige das. Kannst du vielleicht dafür den Versicherungskram übernehmen und die Geschenke für meine Family?“

  7. Wenn Sie nach Hause kommen und die Wohnung sieht aus als hätte ein tropischer Wirbelsturm durchgefegt, könnten Sie anmerken: „Oh mann, hier sieht’s ja aus. Ich könnte wetten, du warst schon wieder den ganzen Mittag am Hinterher- und Wegräumen, wie unbefriedigend. Diese kleinen Messis sind echt unglaublich, wie schaffst du es hier bitte, nicht ständig durchzudrehen?“ Ihre Frau wird sich auf den Boden werfen und Ihnen das schönste „A raaaabi a raaaaabi“ schenken.
    Guli guli guli guli guli ram sam sam!

  8. Setzen Sie sich Anfang März und Mitte September eine Erinnerung in Ihr smartes Phone. Halten Sie dann jeweils kurz inne und denken Sie voller Respekt an Ihre Frau. Sagen Sie sich in Gedanken: „Oh je, jetzt müssen wieder mal alle Kinderkleiderschränke nahezu komplett aussortiert werden. Wahrscheinlich ist meine Frau gerade schon dabei. Während sie nebenher noch den ganz normalen Wahnsinn um sich herum hat. Und zwischendurch mal eben noch ein Telefonat mit ihrem Chef und eins mit der Logotherapeutin händelt. Ein Kind an der Brust, das andere beim Pipikackasupport. Krass, heute Abend wird sie sich dann auch noch ohne Murren neben mir auf dem Sofa durch Online-Läden shoppen, um Schönes kostengünstig zu bekommen. Das ist nicht ihr Hobby, sie hat noch immer keinen Feierabend. Deswegen reagiert sie möglicherweise auch etwas kühl auf mein romantisches, vielsagendes Augenzwinkern. What a woman!

  9. Ihre Frau geht sonntags mit ihren Freundinnen brunchen? Natürlich ist es völlig in Ordnung, die Kinder „Die Maus“ schauen zu lassen, so wie immer. Aber vielleicht übernehmen Sie danach auch den etwas unentspannten Teil und schalten ab. Natürlich schadet es nix, auch mal länger zu glotzen. Auch das macht ihre Frau gelegentlich. Ist aber tatsächlich eher Ausnahme als Alltag. Gerne dürfen Sie Ihre Frau nach ihrer Zweistundenauszeit auch empfangen mit den Worten: „Boah, ganz schön anstrengend alleine mit den Bälgern. Du verdienst den höchsten Respekt, mein Schatz!“

  10. Kleine Alltagsfrage für zwischendurch: „Hey Lisa/Claudia/Rosalinde/wieauchimmer, gibt es eigentlich gerade irgendwelchen Handlungsbedarf hinsichtlich Impfungen? Sind wir auf dem neuesten Stand? Soll ich zum nächsten U-Termin? Ich könnte auch direkt den Termin vereinbaren! Gibt es nächste Woche irgendwas in Schule, Kindergarten & Co zu beachten?“
    Sie werden Ihre Frau im Wohnzimmer tanzen sehen.

  11. Das verlängerte Wochenende steht vor der Tür. Bitten Sie Ihre Frau im Vorfeld, einmal eine Liste zu machen für „Wir verreisen mit Rindern Kindern im Herbst/Winter“ und eine für „Wir verreisen mit Kindern im Frühjahr/Sommer“. Dann teilen Sie sich in Zukunft auf beim Packen. Los, pack mer’s!

  12. Thema: Kinder ins Bett bringen. Ihr Kind hat Sie mal wieder in Ihren Schlaf begleitet? An sich keine große Sache. Aber behalten Sie sich eines im Hinterkopf: Sollte Ihrer Frau das gegebenenfalls seltener passieren als Ihnen, bedeutet das nicht, dass sie nicht mindestens genauso müde ist. Sie hat einfach noch ziemlich viele To-dos auf ihrer Liste für gleich. Alles Dinge, die sie wachhalten (müssen). Wenn Sie dagegen dann eineinhalb Stunden später verschlafen ins Wohnzimmer torkeln und Ihre Frau nur kurz genervt hochschaut vom Putzen der Küche, vom Bestellen der Geburtstagsgeschenke, vom Einkaufslisten schreiben, Wäsche zusammenfalten, Weihnachtsurlaub planen, vom Home-Office, weil die Kinder krank waren und ihr den ganzen Tag keine Minute Zeit ließen zu arbeiten… ja dann, schauen Sie ihr einfach kurz in die Augen und sagen: „Mist, tut mir echt leid. Trinken wir noch ’nen Absacker zusammen?

  13. Ihre Frau schläft abends nicht mit dem Gedanken ein an… was auch immer Sie da so denken – sondern, an das Ausflugsgeld, das sie Kind 1 morgen unbedingt noch mitgeben muss. Das wollte sie ihm eigentlich abends schon geben. Als dann wieder irgendein anderes dominanteres To-do sich in den Vordergrund gedrängt hatte. Und ach herrje, Kind 2 braucht noch Turnschläppchen, die Erzieherin hat heute schon das zweite Mal angemahnt. Und bloß nicht vergessen, Kind 3 morgen früher abzuholen in der Krippe wegen der Teamsitzung. Während Ihre Frau überlegt, ob sie irgendetwas vergessen hat, gibt es sicher schon wieder irgendjemanden unter einem Meter, der diverse Bedürfnisse hat, die bestenfalls direkt von der Mama erfüllt werden. STIMMUNG!!! Wo war die jetzt nochmal…?

  14. Sie waren mit den Kindern Sonntag nachmittag für eine Stunde draußen, damit Ihre Frau in aller Ruhe den Kuchen für den bevorstehenden Kindergeburtstag backen kann. Was möglicherweise nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen zählt. Der Dreijährige ist Ihnen auch nur ganz kurz einmal eingenickt. Um 17 Uhr. Nur für acht Minuten. Circa.
    Haben Sie Verständnis, wenn Sie voller Überzeugung einer Heldentat zurückkommen und Ihre Frau ihre Dankbarkeit nicht gar so wie von Ihnen erwartet ausdrücken wird. Ach, Sie treffen sich heute Abend noch mit Ihrem Kumpel? Noch vor der schwarzen Stunde? Oha! Viel Glück! Merke: Um 17 Uhr niemanden mehr für acht Minuten schlafen lassen. Es sei denn, es handelt sich nicht um Ihr Kind.

  15. Sie sind ein aufopferungsvoller Papa und ein guter Ehemann. Sie helfen immer sofort, wenn Sie darum gebeten werden. Es genügt ein kleiner Reminder, nur eben mal noch eine kurze Erinnerung, eine klitzekleine Einweisung und Sie werden umgehend tätig. Natürlich ohne zu murren, denn Sie sehen es auch selbst als Ihre Aufgabe an. Das könnten Sie sein, oder? Und genau das ist unser aller Problem. Wir, die Manager, die personifizierten Terminkalender, die Mensch gewordenen U-Hefte, Geburtstagsplaner und Familienleben-Koordinatoren: Wir haben unser Hirn voll mit Aufgaben und versinken manchmal fast selbst darin. Wir brauchen Ihre körperliche Unterstützung, aber vielmehr noch brauchen wir Mitdenker und jemanden, der gemeinsam mit uns die Verantwortung trägt.

  16. Zu guter Letzt: Fragen Sie Ihre Frau, was sie dem noch hinzuzufügen hat. Denn natürlich ist es wie immer sehr individuell. Was aber vermutlich allgemeingültig ist: Wir Frauen möchten gerne Verantwortung abgeben. Auch wenn das manchmal nicht so erscheint. Ganz sicher müssen wir in vielen Dingen lernen, mehr loszulassen. Und aushalten, wenn die Väter manches auf eine andere Art und Weise erledigen als wir. Auf unserer mentalen To-do-Liste stehen aber auch fixe Aufgaben, die wenig Auslegung oder Interpretation zulassen. Da gehört sicher kein „richtig oder falsch“ geputztes Bad dazu. Auch nicht, ob das von Ihnen ausgesuchte Outfit der Tochter jetzt in unseren Augen sozialverträglich ist. Sehr wohl aber, dass Ihr Kind morgen 15 Minuten früher im Kindergarten sein muss wegen des Ausflugs. Oder Ihr Schulkind das Gedicht gelernt hat, das es morgen aufgeregt vor 25 Zweitklässlern aufsagen muss. Weil beide To-dos bei Nichterfüllen nämlich Tränen auslösen und kleine Herzen brechen würden. Wir möchten die Aufgaben abgeben. Wir möchten uns nur darauf verlassen können, dass Aufgaben wie diese erledigt werden – OHNE Reminder. Sonst könnten wir es ja selbst tun.

Liebe Väter, ach, Sie haben es auch nicht leicht heute. Und dann gibt es überdies auch einfach wenige Männer, die sich ihren Frust von der Seele bloggen und über ihre Frauen abrotzen. Blöd. Genau wie wir Frauen haben auch Sie heute eine größere Doppelbelastung zu tragen als früher. Nach der Arbeit steht vielleicht noch nicht das Essen wohl temperiert auf dem Tisch. Wie Sie das aus Ihrer Kindheit kennen. Oft steht da nämlich noch gar nichts abgesehen von den Resten der Nachmittagsmahlzeit vom Nachwuchs, dem Laptop Ihrer Frau und ein bisschen Knete. Sie kommen heim, werden von diversen kleinen Menschen fast umgerannt (immerhin vor Freude) und packen kommentarlos mit an. Das ist wundervoll, wirklich! Der kleine Unterschied: Sie werden dafür gefeiert. Von der Gesellschaft, den Hochglanzmagazinen, den sozialen Medien oder der Schwiegermutter. Ein schönes Gefühl, oder?
Wir Mütter dagegen haben genau wie Sie viele Jobs dazubekommen. Was schön ist. Und richtig so. Gefeiert werden wir dafür allerdings nicht. Es kommt vor, dass Mütter sich sogar noch gegenseitig kritisieren und fertig machen. Oder sich selbst klein.

Liebe Männer, vielleicht möchten Sie heute ja mal noch einen guten Wein öffnen für sich und Ihre Mitbewohnerin. Oder je nach Tagesverlauf gleich den Gin. Und dann überraschen Sie Ihre Frau als Mental-Load-Entlaster – das wird gut werden. Viel Erfolg dabei!

Liebe Frauen: Bitte berichten Sie mir umgehend!
Auch wenn ich irgendetwas vergessen haben sollte.

P.S.: Sorry, wieder lang geworden! 😉